Blau-grüne Dächer steigern die Klimaresilienz
Der Anteil an versiegelten Flächen macht Städte besonders anfällig für die Folgen des Klimawandels: Gerade urbane Räume sind besonders häufig von Überschwemmungen und großer Hitzeentwicklung betroffen. Dies erfordert insbesondere ein Umdenken bei der Siedlungswasserwirtschaft und beim Regenwassermanagement. Ein zukunftsfähiger Baustein einer naturnahen Regenwasserbewirtschaftung sind vor diesem Hintergrund blau-grüne Dächer. Als Weiterentwicklung des Gründachs speichern sie Wasser, reinigen die Luft und gleichen Temperaturunterschiede in Städten aus. Blau-grüne Dächer bieten zudem die Möglichkeit einer dynamischen Wasserspeicherung und einer zielgerichteten Nutzung des anfallenden Niederschlagswassers. Die innovative Technologie einer multikodierten Flächennutzung auf dem Dach leistet einen wichtigen Beitrag für eine wassersensible Stadtplanung und damit für eine erfolgreiche Klimaanpassung.
Die Klimaveränderungen stellen weltweit eine große Herausforderung dar. Sowohl Starkregen als auch Hitzewellen treten immer öfter und immer stärker auf – mit gravierenden Auswirkungen auf die Lebensqualität und die Gesundheit der Menschen. Überflutungen und Dürreperioden haben in den letzten Jahren auch in Europa wiederholt gezeigt, dass der Klimawandel uns alle betrifft. Immer neue Rekordmeldungen zeigen, dass sich der alarmierende Trend in großer Geschwindigkeit weiter fortsetzt: Gerade erst hat der Deutsche Wetterdienst (DWD) bekannt gegeben, dass 2022 gemeinsam mit 2018 das wärmste Jahr in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 war. Damit lagen neun der zehn seit 1881 gemessen wärmsten Jahre in Deutschland im (noch relativ jungen) 21. Jahrhundert. Da sich Landregionen schneller erwärmen als Gebiete am Meer ist der Erwärmungstrend in Deutschland sogar besonders ausgeprägt: Während er global gesehen durchschnittlich bei 1,1 °C liegt, beträgt er hierzulande 1,7 °C.
Nicht nur mit Blick auf die Temperaturen, auch hinsichtlich der Regenfälle, sind klimabedingte Veränderungen spürbar: Grundsätzlich nimmt die Anzahl der Tage mit Niederschlag eher ab, während sich die Niederschlagsmengen erhöhen.
Die sich abwechselnden Dürrephasen und Starkregenereignisse führen zu einem Teufelskreis: Ist der Boden ausgetrocknet, können Wassermassen nicht versickern und gelangen stattdessen in die Kanalisation. Immer häufiger ist diese daher überlastet. Welche fatalen Auswirkungen Starkregen haben kann, zeigte sich im Juli 2021, als an Ahr und Erft innerhalb weniger Stunden mehr Regen fiel als normalerweise im gesamten Monat. Zahlreiche Todesopfer und ein enormes Schadensausmaß waren die Folgen.
Regenwasser als Ressource nutzen
Die Klimaveränderungen zeigen: Wir müssen uns den Herausforderungen dringend stellen und für Städte naturbasierte Lösungen finden. Um zukunftssicher zu sein, müssen sie klimaresilient geplant werden. Gerade angesichts der wachsenden Urbanisierung mit immer mehr versiegelter Fläche ist daher ein neues naturnahes Niederschlagsmanagement gefragt. Statt Regenwasser wie bisher über die Kanalisation abzuleiten, sollte es vor Ort dem natürlichen Wasserkreislauf wieder zugeführt werden. Somit stellt Regenwasser kein Problem dar, sondern es wird zur Ressource. Indem Niederschläge dort versickern und genutzt werden, wo sie entstehen, trägt dies zur Grundwasserneubildung bei. Kanalisationssysteme werden entlastet. Gleichzeitig wird Wassermangel und Hitzestress vorgebeugt. Letzterer entsteht durch den aufgeheizten Asphalt, der große Städte nachts bis zu 10 Kelvin wärmer werden lässt als im Umland. Es kommt zur Bildung einer Hitzeinsel (UHI, Urban Heat Island).
Dächer bieten großes Potenzial
Hier gerät das Potenzial, das Dächer bieten, immer stärker in den Fokus. Sie stellen einen großen Teil der urbanen Fläche dar, sodass ihr Nutzen nicht mehr nur auf den Schutz des Gebäudes vor Regen und Wind reduziert werden kann. Dachflächen werden heute vielmehr multifunktional gesehen und auch als Dachgärten mit Erholungsfaktor oder zum Gemüseanbau genutzt.
Gründächer, die aus einer Substratschicht mit Vegetation und einer darunter befindlichen dünnen Drainageschicht bestehen, sind Teil eines naturbasierten Regenwassermanagements. Sie bieten auch als Vegetationszonen auf Gebäuden diverse Vorteile: Sie geben Vögeln und Insekten einen Lebensraum und leisten damit einen Beitrag zur Biodiversität. Außerdem nehmen sie Schadstoffe auf, kühlen in Hitzephasen die Umgebungsluft über Verdunstung und schaffen Erholungsflächen für die Bewohner. Außerdem verbessern sie die Energiebilanz: Im Sommer kühlen Gründächer die Gebäude, im Winter sorgen sie für Wärmeisolation.
Gründächer können somit den städtischen Hitzeinseln entgegenwirken. Als erste deutsche Großstadt hat die Hansestadt Hamburg bereits vor einigen Jahren eine umfassende Gründachstrategie entwickelt, mit dem Ziel, bis 2024 insgesamt 100 Hektar Dachfläche im Stadtgebiet zu bepflanzen.
Blau-grüne Dächer ermöglichen Wasserspeicherung
Das enorme Potenzial, das urbane Dachflächen bieten, um Städte klimaresilient und damit zukunftsfähig zu machen, wird zunehmend erkannt. Um die hiermit verbundenen Möglichkeiten optimal auszuschöpfen, gehen heutige Lösungen sogar noch über reine Gründächer hinaus. Blau-grüne Dächer erweitern deren Vorzüge um eine Möglichkeit der Wasserspeicherung. Zu diesem Zweck liegt die Vegetationsschicht auf den Dächern auf einer Regenrückhaltevorrichtung. Die Entwässerung vom Dach in die Kanalisation kann gesteuert werden. Niederschläge gelangen somit verzögert und kontrolliert in die Entwässerungssysteme und verhindern deren Überlastung.
Weltweit machen die durch den Klimawandel bedingten Herausforderungen ein Umdenken beim Regenwassermanagement dringend erforderlich. Blau-grüne Dächer können entscheidend dazu beitragen, der Ressource Wasser vom ersten Regentropfen an den Stellenwert zu geben, der notwendig ist, um Menschen und Infrastrukturen zu schützen, den Wasserkreislauf zu schließen und die Lebensqualität von Städten zu verbessern. Zusammen mit modernen Versickerungs- und Rückhaltesystemen helfen blau-grüne Dächer bei der Anpassung an extreme Wetterereignisse wie Starkregen und lange Dürreperioden.
Steigerung der Energieeffizienz
Ein moderner Umgang mit Regenwasser ist der Schlüssel für zukunftssichere Städte. Weltweit besteht die Gefahr, dass den Städten aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels bis 2050 das Wasser ausgeht.
Mit ihrem Wasserspeicher bieten die blau-grünen Dächer von Wavin ein Puzzleteil der Lösung für das globale Wasserproblem an. Auch auf die Energieeffizienz von Gebäuden wirken sie sich positiv aus. Während heißer Sommertage werden Klimaanlagen in Wohnungen und Büros hochgedreht, um die Temperatur in Innenräumen auf ein erträgliches Niveau zu bringen. Mit blau-grünen Dächern ist dies unter Umständen gar nicht notwendig, denn sie wirken sich vorteilhaft auf die Temperatur in Gebäuden aus. Der Kühlungseffekt der Vegetation entsteht auf doppelte Weise: durch das Spenden von Schatten und durch Verdunstung.
Studie belegt die Leistungsfähigkeit
Eine auf dem Gebäude der niederländischen Delft University of Technology während der Sommermonate 2020 durchgeführte Studie, bei der die Temperaturentwicklung unter und auf einem blau-grünen Dach mit der Situation unter bzw. auf einem konventionellen Dach verglichen wurde, bestätigte den deutlich kühlenden Effekt des blau-grünen Daches (vgl. A. van Hamel, Towards climate resilient green-blue roofs. Defining the strengths and weaknesses of greenblue roofs regarding temperature management and water storage, 2021). Im Gebäude und auf dem Dach war es hier fast durchgängig kühler als nebenan beim konventionellen Dach: Während die Lufttemperatur innen bis zu 2,5 Grad Celsius geringer war, betrug sie auf dem Dach bis zu sechs Grad weniger. Auch in der kälteren Jahreszeit sind blau-grüne Dächer ein Gewinn. Dann fungieren sie als Extraschicht zur Wärmeisolierung.
Blau-grüne Dächer eignen sich am besten für Flachdächer. Zu beachten ist lediglich, dass die Gebäude in der Lage sein müssen, das Extragewicht von rund 100 kg/m2 zu tragen.
Wie klimaresilient ist die Stadt?
Für Städte und ihre Bewohner ist es entscheidend, dass die Klimaanpassung urbaner Räume kritisch hinterfragt wird. Mit Blick auf das urbane Hitzemanagement stehen dabei folgende Faktoren und Fragestellungen im Fokus:
- Wie groß ist die Temperaturdifferenz zwischen dem urbanen Bereich und der ländlichen Umgebung (Hitzeinsel-Effekt)?
- Wie lauten die Prognosen für künftige Hitzewellen in der Region?
- Welchen Anteil haben versiegelte Flächen im Vergleich zu Grünflächen und Gewässern?
Bezüglich des Regenwassermanagements hingegen sind die folgenden Aspekte zu berücksichtigen:
- Welchen Anteil hat der Mischkanal am Gesamtkanalsystem?
- Welches Regenereignis liegt der Dimensionierung des Kanals zugrunde?
- Wie sieht das Risiko für Starkregenereignisse in der Stadt aus?
- Welchen Anteil haben versiegelte Flächen im Vergleich zu Grünflächen und Gewässern in der Stadt?
Mit intelligenten Lösungen können Potenziale zur Verbesserung der Zukunftssicherheit einer Stadt ausgeschöpft werden. Planer und kommunale Entscheider sind gut beraten, Städte vom Wasser her zu denken und dabei auf starke Partner zu vertrauen, die ein modernes Regenwassermanagement in den Mittelpunkt ihres unternehmerischen Handelns stellen.
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